Als ich in den siebziger Jahren das erste mal ein Münchner Tonstudio für Film- und Fernsehmischungen betrat, ratterten noch an die 20 Maschinen lautstark vor sich hin. Um die ganze Maschinerie zu stoppen, musste zuerst mal ein ebenso geräuschvoller, mannsgroßer, mechanischer Generator angeworfen werden, der lediglich die Aufgabe hatte das ganze Räderwerk, dieser sogenannten Perfoläufer zu stoppen und dann wieder synchron auf die 50 Hz Netzfrequenz hochzufahren. Auf diesen Perfoläufern wurden perforierte Magnetbänder mit einer Breite von 16, 17,5 (ein deutsches Sparformat) und 35 mm abgespielt. Das Format der Perforation und der Breite dieser Magnetstreifen entsprach dem üblichen Filmformat von 16 & 35 mm Filmen. Die einzelnen Bänder enthielten alle Aufnahmen von Sprachen, Geräuschen, Musiken und Atmosphären, die für die jeweilige Filmmischung für nötig erachtet wurden und kamen aus dem Schneideraum. Dort wurden sie an Schneidetischen geordnet, zum Film synchronisiert und entsprechend montiert.

     In der Mischung liefen dann das erste mal alle diese erforderlichen Bänder gleichzeitig ab und dies sorgte hin und wieder für Überraschungen, denn am Schneidtisch konnte man meist nur zwei Magnetbänder zur Filmkopie laufen lassen. Der Mischtonmeister befand sich im Mischatelier (siehe Bild oben aus den 80igern) mit seinem Mischpult und konnte von dort alle Bandspieler bedienen. Die Tonsignale der einzelnen Bandspieler wurden auf die Eingänge des Mischpultes gelegt und durchliefen die verschieden Kanäle des Mischpultes, in der Art wie der Mischtonmeister geplant hatte das Pult zu bedienen. Am Ausgang des Pultes lag das gemischt Signal zur Beurteilung über Lautsprecher und zur Aufzeichnung vor. Aufgezeichnet wurde das gemischte Signal wiederum auf einem perforierten Magnetband mit einer Aufnahmekamera. Dies war lediglich ein spezieller Perfoläufer, der mit einer Aufnahmeeinheit ausgestattet war.

     Die angewandte Mischtechnik konnte man bestenfalls als Edit-Mix-Technik bezeichnen. Aber es war eine sehr sportliche Technik, denn der Automationsspeicher war der Verstand des Tonmeisters, die Automationswerkzeuge waren seine Finger und die Korrektur von Fehlern seiner Automation blieb seinen Ohren überlassen. Die übliche Vorgehensweise war, sich eine Szene anzuhören, Einstellungen und Korrekturen an den Signalen vorzunehmen, die dynamischen Abläufe zu üben bis man das nötige Timing beherrschte und dann das Ganze nochmals während der Aufnahme fehlerfrei zu wiederholen. Für einen Einstieg in eine bestehende Aufnahme am Szenenübergang oder innerhalb einer Szene, im Falle eines Fehlers, musste man sich alle Pulteinstellungen dieses Zeitpunktes merken, alle aktiven Stellglieder des Pultes wieder in diese Position bringen, nochmal über diese Stelle fahren und wieder exakt an dieser Stelle in die bestehende Aufnahme einsteigen.

     Zur damaligen Zeit war dieses Studio eines der modernsten Studios, weil man nicht nur in eine bestehende Aufnahme einsteigen, nein sogar ohne Knacker wieder aus einer Aufnahme aussteigen konnte. Zu den Überlieferungen aus dieser Zeit gehören allerdings die Geschichten, wie man vor dem Magnetband auf Lichtton gemischt hat. Da gab es keine Möglichkeit in die bestehende Aufnahme Ein- oder Auszusteigen. Die Mischtechnik hätte man als die ÜBEN-ÜBEN-ÜBEN-Mischtechnik bezeichnen können. Der Mischtonmeister konnte nur üben, üben, üben... bis er schließlich so weit war, dass er es wagen konnte ein Lichttonnegativ zu belichten und bei einem groben Fehler musste das nächste Tonnegativ dran glauben. Was für ein Aufwand an Geschick, Zeit und Material?

     Angesichts dieser Geschichte erscheint es mir wie ein Wunder, dass wir heute all diese Arbeiten bequem auf einem Heimrechner oder Laptop ausführen können.